Allgemein

Erkenne Dich selbst

Zur Herkunft und Bedeutung der Spruchweisheit

„Erkenne dich selbst“ (Γνωθι σεαυτόν), dem delphischen Orakelgott Apoll zugeschrieben, bedeutete in seinem ursprünglichen, antik-religiösen Kontext, dass sich der Mensch als ein sterbliches und damit begrenztes, unvollkommenes und schwaches Wesen im Gegensatz zu den Göttern begreifen sollte. Das Bewusstsein der damit einhergehenden nur begrenzten Einsichts- und Erkenntnisfähigkeit des Menschen spiegelt sich pointiert in Sokrates` berühmtem Satz wider: „Ich weiß, dass ich nichts weiß...“ (Platon, Apologie, §21 ff.).

PlatonNachdem sämtliches Scheinwissen als solches aufgedeckt und zertrümmert worden ist, ist nach Platon jedoch eine allmähliche Annäherung bzw. eine „Wiedererinnerung“ an das „wahre Wissen“ und das in der menschlichen Seele wohnende Gute möglich (Platon, Phaidros, § 249). Der Wahlspruch der Landesschule Pforta setzt unabdingbar ein positives Menschenbild voraus und ist keineswegs exklusiv, sondern sollte wie ein Grundrecht von allen Menschen gelebt werden können. Für uns als Lernende und Lehrende in Schulpforte ist der Leitspruch „Erkenne dich selbst!“ im Sinne der Interpretation „Werde, der Du bist!“ ein Appell, uns mit unseren Stärken, Besonderheiten, aber ebenso auch Grenzen und Schwächen wahrzunehmen und gegenseitig zu akzeptieren. Im täglichen schulischen und außerschulischen Miteinander möchten wir Erfahrungen machen und zulassen, die unsere charakteristischen Eigenschaften und unser individuelles Potential freizulegen und zu entfalten helfen.

Dem Kollegium der Landesschule Pforta gibt der Leitspruch bei seiner täglichen Bildungs- und Erziehungsarbeit sowie bei konzeptionellen Überlegungen entscheidende Orientierung. Die Schülerinnen und Schülern der Landesschule wiederum genießen im Sinne des Schulmottos besondere pädagogische Freiräume in Schule und Internat, und in eben diesen freien Lern- und Lebensräumen empfangen Pfortenserinnen und Pfortenser in der aktiven Auseinandersetzung mit sich und anderen Menschen über vier intensive Jahre einzigartige Bildungsimpulse.

Schulpforte, im Oktober 2009

Katharina Wermann, mag. port., Bernd Westermeyer, rect. port.

[Nach Wilhelm v. Humboldt ist Bildung nichts machbares, sondern der immanente Zweck des menschlichen Lebens. Sie kann nur veranlasst, nie hervorgebracht werden.]