Beton und Vorurteil

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Treppenhaus des BambergDas diesjährige AkeL-Treffen war für uns Ehemalige wie eine Reise in die Vergangenheit. Denn Viktoria Alberts hatte eine Führung durch "den Bamberg" organisiert und beschreibt hier ihre Eindrücke.

Wer von uns kennt nicht den Bamberg? Und wer von uns denkt sich: AkeL? Und dann nach der Sitzung rüber zum Bamberg?

Der "Bamberg" ist das evangelische Gymnasium in Meinerzhagen, das vor 51 Jahren seinen Betrieb aufnahm. Gleicher Architekt, gleiche Baumaterialien, (fast) gleicher Zweck. Also quasi die ältere Schwester der Landesschule. Damit sind wir beim Geschwisterproblem, man muss nur 50% mit der Schwester gemeinsam haben.

Wir, eine kleine Truppe von 14 Interessierten, treten an. Pünktlich um 17.00 bei herbstlichen Sonnenschein (Akelwetter!) vor der Eingangstür des Evangelischen Gymnasiums Meinerzhagen (EGM).

Genauso pünktlich kommt Herr Ganser, mit dem weißem Polohemd und mit Aufdruck EGM um uns zubegrüßen. Er hatte mir anvertraut, dass er sich zu Zeiten der exzessiven AkeL-Treffen ungern mit uns getroffen hätte. Da, wie einige wissen, es häufig (nach Aggregatzuständen) wenig geordnet und meist ziemlich flüssig zuging. (Rauchende Landesschüler aschen ihre Zigarretten in leergetrunkene Bierflaschen). Ich versicherte ihm, es sei anders geworden. Nach der Begrüßung und einigem Wiedererkennen geht's zur Eingangshalle (ähnlich, der im Schulgebäude der LS) und dann die Treppen runter zur Aula. Vorbei am ... Engel auf der linken Wand, der aus unserer Kapelle stammt. Wunderschön zu sehen das Sichtmauerwerk mit den Ausblühungen von Feuchtigkeit. Martin Friedrich kennt sich damit gut aus. Alles ist nicht der neueste Schick, aber ausgesprochen gepflegt und hat den Charme der 60er und 70er bewahrt.

Du gehst in einen neu aufgeschlossenen Raum ... und Dich holt der Duft der Vergangenheit ein ... Du sitzt auf dem Platz, den Du früher in Deiner Klasse hattest (Hufeisenform links - Blick  zum Fenster) und denkst: die Zeit hält nochmal an. Du siehst nicht, dass die Jungen alle grauhaarig geworden sind und die Mädchen nicht, weil getönt. Du siehst Deine Schulzeit und Du riechst Sie: besonders in der Turnhalle, unserer nächsten Station. Herr Ganser schließt überall auf und wieder zu und jeder unterhält sich in kleinen Gruppen, weil all das was zu sehen ist, für jeden eine (seine) persönliche Geschichte ist. Es gibt eine Schautafel mit den Bootshausaktivitäten an der Lister. Die neue Turnhalle des EGM wurde auf dem geschredderten Beton der Landesschule gebaut, um das Landschaftsgefälle aufzufangen.

Das EGM wurde mehrfach erweitert und nimmt jetzt in Klasse 5 100-120 Schüler auf, läuft vierzügig mit 8 Jahren bis zum Abitur. Das Ziel ist, alle zum Abitur zu bringen. Unterrichtsbeginn ist 7.40 Uhr mit Unterrichtsstunden von 60 Minuten. Für die oberen Klassen mehrmals die Woche Unterrichtsende 15.00 oder 16.00 Uhr. Manchmal auch 18.00 Uhr. Auch für die Lehrer lange Tage. Der Rektor Herr Dombrowski (geb. 1968) leitet ein Kollegium mit ca. 65 Lehrkräften. Es gibt 3 Sekretärinnen und stets geöffnetete Türen zum Lehrerzimmer und Sekretariat. Während wir in den ersten Stock gehen, fällt uns erneut die architektonische Ähnlichkeit zum Treppenhaus im Landesschschulgebäude auf.

Im Computerraum wird uns der technische Fortschritt gezeigt.
Es gibt Wartelisten ... für die Lehrer.

Damit  "keiner verloren" geht, gibt es FuN (Fördern und Nachhilfe). Koordiniert von Herrn Conrad. Schüler ab Klasse 8 werden in Kursen ausgebildet, Lernstoff sinnvoll weiterzugeben. Schüler ab Klasse 5 können bei Lernstoffschwächen über Herrn Conrad durch einen älteren Schüler Hilfen bekommen. Zuerst kostenlos, später für 5,- € die Stunde. Für Sozialschwache gibt es einen Fonds, der hilft. Auf diese Weise gibt es ein Übergreifen der Schülerjahrgänge. Vorteile, die wir alle kennen.

Musik spielt ebenfalls eine große Rolle. Es gibt durch Herrn Otto große Erfolge mit dem großen Chor (ca. 100 Sänger) den Chören 5 und 6: Teilnahme Pflicht. Es gibt die kleine und große Bigband und eine Bläserklasse durchgängig ab Klasse 5.

Theater-AG mit Herrn Erdmann - ein absolutes Muss und durchaus unterhalten wie anspruchsvoll. Ein Kulturteam, das den Kartenverkauf, das Catering und die Deko organisiert. Bei einer normalen Tagesschule durchaus nicht alltäglich.

Die schreibe ich nicht als Ehemalige des EGM (ich war nie da) sondern auch als Mutter eines Sohnes, der das EGM als Schüler besucht.(Allerdings entdecke ich an ihm Eigenschaften,die gut zum Konzept der Landesschule gepasst hätten).

Fazit des Nachmittages: Es hat sich gelohnt, um Vorurteile zu überprüfen und Altes zu entdecken. Nach 90 Minuten ist unser Rundgang beendet und einige von uns fahren doch noch Mal schnell rüber zur "Freiheit" um die Eindrücke am alten Ort zu verarbeiten.

Einer fasst alles treffend zusammen: Unser Leben war Beton.

Viktoria Alberts (al. mein. 74-76)